Klarer Fall von Selbstbetrug: Wieso Perfektionismus schädlich ist und wie du ihn in 3 Schritten los wirst

Wieso Perfektionismus schlecht für uns ist

Für mich war früher eines klar: Ich will alles perfekt machen. Ich will alles perfekt verstehen, alles perfekt wissen, alles perfekt machen. Mich selbst bezeichnete ich als Perfektionisten. Doch so perfekt lief alles gar nicht. Die meisten Sachen erledigte ich erst kurz vor der Abgabefrist, mir fehlte ein Überblick über die Inhalte und zufrieden waren Lehrer und Vorgesetzte auch nicht.

Was lief schief? An meinen Ansprüchen lag es definitiv nicht oder doch…?

Was ist Perfektionismus eigentlich?

Bevor ich dir meine Geschichte erzähle, hier einmal schnell die Wikipedia-Definition:
Perfektionismus ist ein psychologisches Konstrukt, das versucht, übertriebenes Streben nach möglichster Perfektion und Fehlervermeidung zu erklären.“

Perfektionismus hat zwei relevante Facetten: Das Streben nach Vollkommenheit (Perfektion) und eine übertriebene Vermeidung von Fehlern.

Beides geht auch irgendwie Hand in Hand:

Fehler möchte man vermeiden, damit alles richtig ist – Und damit alles richtig ist, möchte man Fehler vermeiden.

Und leider steckt genau darin das Problem.

Perfektionismus kann auch als „angstvolles Vermeidungsverhalten“ bezeichnet werden. Der Perfektionist stellt seine Ansprüche (Soll) so weit von der Realität (Ist) weg, dass es niemals erreicht werden kann. Aus dem Sollen wird ein Müssen. Aus der Motivation, die normalerweise aus dem Soll-Ist-Vergleich entstehen soll, wird die Angst vor möglichen Fehlern.

Was Perfektionisten zu Nicht-Machern macht

Wenn man mich vor einigen Jahren gefragt hätte, hätte ich mit stolz gesagt, dass ich ein Vollblut-Perfektionist bin. Natürlich wollte ich, dass alles perfekt ist, wer will das denn bitte nicht?! Wenn ich deswegen etwas länger brauchte als andere, war mein Perfektionisten-Dasein eine klasse Ausrede – immerhin waren meine Ansprüche einfach nur größer als die der anderen! Was konnte ich schon dafür, dass die anderen geringe Qualität abliefern wollen?

Die Ergebnisse waren aber leider alles andere als Perfekt. Wenn ich 90% der Zeit mit Planen und Recherchieren verbraucht habe, dann blieben noch 10% für die eigentliche Arbeit übrig, wenn überhaupt. Die verbleibende Zeit hetzte ich mich ab und machte vermeidbare Fehler. Klar ärgerte ich mich darüber, aber das ist ja nicht meine Schuld gewesen – meine Ansprüche sind Schuld!

Leider führten diese hohen Selbstansprüche dazu, dass auch mein Stolz wuchs. Und mit wachsendem Stolz, wurde ich blind dafür, aus meinen Fehlern zu lernen. Selbst wenn ich darauf hingewiesen wurde. Oder man mir den Fehler mehr oder weniger ins Gesicht „schmiss“. Irgendwann wachte ich auf. Ich musste mir eingestehen, dass es unmöglich war, die eigene Fehlbarkeit weiter zu ignorieren. Und das muss in Ordnung sein, denn jeder macht Fehler. Und wenn jeder Fehler macht… Sind Fehler dann ok?

Alles richtig machen zu wollen ist grundlegend in Ordnung. Doch möchte man als Perfektionist unter allen Umständen Fehler vermeiden, braucht man gar nicht erst anfangen. Denn Fehler passieren, ob man will oder nicht. Als Perfektionist will man keine Fehler machen und am liebsten gar nichts von der eigenen Fehlbarkeit wissen! Als Perfektionist versucht so lange herauszufinden, was der richtige Weg ist und wie man alle Fehler vermeiden kann, bis er gar nicht mehr anfangen braucht.

Anstatt überhaupt etwas zu machen, macht ein Perfektionist irgendwann quasi gar nichts mehr. Der Druck steigt jedoch steig weiter. Alles ist in Bewegung, also entfernen sich Ist und Soll immer weiter von einander. Was kann man dagegen tun?

 

In 3 Schritten vom Perfektionisten zum Macher

Zu aller erst musst du dir eines klar machen. Niemand ist perfekt und niemand will perfekt sein, wenn Perfekt fehlerfrei bedeutet! Jeder macht Fehler, nur so können wir lernen. Der wichtigste Unterschied zwischen einem Perfektionisten und einem Macher liegt schon im Wort: Der Macher macht einfach! Und wenn er Fehler macht, während er handelt, dann lernt er daraus und versucht den Fehler in Zukunft zu vermeiden.

Deswegen möchte ich dir den folgenden drei Schritte Plan vorstellen, mit dem du von Jetzt auf Gleich dich deines Perfektionismus entledigen kannst:

  1. Fang sofort an!
    Und zwar ohne zu überlegen, zu planen oder zu grübeln. Es ist wichtig, dass du einen ersten Schritt machst. Und es ist wirklich egal, was dieser erste Schritt ist. Es gibt nicht den einen ersten Schritt für alles, den du zuerst herausfinden musst. Du möchtest mehr Sport machen? Mach sofort 10 Liegestütze! Du möchtest ein Buch schreiben? Nimm dir ein Blatt und schreibe auf, was dir im Kopf rumschwirrt! Du möchtest jemanden Kennenlernen? Sprich die erste Person an, die du auf der Straße siehst! Das ist alles nicht schwer. Ich als ehemaliger Perfektionist kann dir sagen: Es ist ein wahrer Glücksmoment, wenn du die erste Hürde des Anfangens überwunden hast.
  2. Lerne aus deinen Fehlern!
    Du hast gestartet und sicherlich einen kleinen Glücksmoment erlebt, und sei es nur durch das Adrenalin, welches dabei ausgestoßen hast. Ein wichtiger Gedanke, den ein Perfektionist immer hat lautet „Wie kann ich es ohne Fehler machen?“. Nimm dir diesen Satz und stelle ihn dir auf eine andere Weise: „Was kann ich aus meinen Fehlern lernen?“. Vielleicht war dein erster Schritt nicht komplett richtig und das ist super, denn daraus kannst du lernen. Handle und lerne daraus. Schreibe dir auf, was du gelernt hast. So kannst du deine Erkenntnisse und Erfahrungen langfristig nach verfolgen. Ich selbst führe dafür ein Journal, indem ich täglich reinschreibe, was ich gelernt habe.
  3. Hohle Feedback ein!
    Feedback ist keine Kritik. Gutes Feedback erkennst du daran, dass sich die Person auf eine Handlung oder Verhaltensweise bezieht. Schlechtes Feedback erkennst du daran, dass die Person sich auf eine Persönlichkeitseigenschaft von dir bezieht. Aus guter Kritik können wir lernen. Am Anfang ist es vielleicht komisch andere danach zu fragen, was du in Zukunft besser machen kannst. Aber schnell wirst du merken, wie schön es ist, von anderen zu hören, was du verbessern kannst. Denn manchmal hat man auch einfach alles richtig gemacht!

Bonus Tipp: Gehe offen mit Fehlern und Unwissenheit um!

Niemand ist Fehlerfrei und Niemand weiß ALLES. Pflege mit dir selbst und deinem Umfeld eine Kultur des Fragens und der Ehrlichkeit. Wenn Personen in deinem Umfeld das nicht zu würdigen wissen, solltest du dich jedoch fragen, ob sie der richtige Umgang für dich sind. Du kannst dich nur weiterentwickeln, wenn du und dein Umfeld sich gegenseitig bei ihrer Entwicklung unterstützen.

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